200 Gäste feiern ersten Teil einer historischen Dokumentation
Das alte Münster wird lebendig
Münster - Es war schön, ein Kind im alten Münster zu sein. Die Stadt war grün, die Straße autofrei, die Nachbarschaft hielt zusammen – und nachmittags spielten alle draußen. Launig erinnert sich der Münsteraner Norbert Hummelt, wie er als Kind in der überfüllten Straßenbahn den Schaffner austrickste, um das Fahrgeld zu sparen. „Von dem Groschen konnte man sich auch ein Eis kaufen.“
- Von Lukas Speckmann
Zum falschen Zeitpunkt aber konnte eine Kindheit in Münster tödlich sein. Marietta Spieß berichtet von einer 16-Jährigen, die aus einem ausgebombten Haus Strümpfe gemopst hatte und dafür im Zwinger standrechtlich exekutiert wurde. „Man erschießt keine Kinder“ – dieser starr vor Entsetzen gesprochene Satz dürfte damals aufrührerisch geklungen haben.
Rund 200 Premierengäste erlebten im Schlosstheater die Uraufführung des ersten Teils einer dreiteiligen Dokumentation mit historischen Filmen aus Münster. Die Produktionsfirma „art & weise“ hatte im Auftrag der Westfälischen Nachrichten seit einem Jahr Filme gesammelt und Zeitzeugen befragt. Der erste Teil zeigt Bilder aus den 20er- bis 40er-Jahren.
„Eine einzigartige Dokumentation von bleibendem Wert für unsere Stadt“, lobte Verleger Dr. Benedikt Hüffer das Projekt. Er bedankte sich bei allen Einsendern und Beteiligten – wobei er die Interviewpartner besonders hervorhob. Es sind diese sehr persönlichen Erinnerungen, die die Schwarz-Weiß-Filme von Straßenbahnen, Schützenfesten und Prozessionen so lebendig machen.
Zum Beispiel Bärbel Uphoff: Die prominente Tierpflegerin erzählt von der Polizeihundeschule ihres Großvaters am „Laerer Leichenweg“: Da taucht auf einmal ein ziemlich ausgewachsener Löwe zwischen den Jagdhunden auf; eine Handaufzucht aus dem Zoo.
Oder Ria Ullrich. Sie wurde von Bischof von Galen gefirmt – und berichtet vom sehnlichen Wunsch ihrer „sehr katholischen“ Mutter, auf dem Domplatz einmal den bischöflichen Hermelin zu berühren . . . Das Kino-Publikum ist entzückt.
An dunklen Momenten spart der Film nicht: Die Nazizeit legt sich wie ein Schatten über die bildschöne alte Stadt. Bilder der Kriegszerstörung zeigt der zweite Teil, der am 7. Dezember im Schlosstheater uraufgeführt wird.