Historische Filmpremiere: „Wiesbaden 1918 - 1983“
Im „schönsten Kino der Republik“ (Kulturdezernentin Rose-Lore Scholz), in der Filmbühne Caligari, ging gestern die Premiere eines Films über die Bühne, der überwiegend durch die Mitarbeit von Kurier-Lesern zustande gekommen ist: „Wiesbaden 1918-1983“. Zig Filme von Privatpersonen und Firmen waren dazu eingereicht worden. Die Marburger Medienproduktion art & weise hat das Filmmaterial gesichtet, 19 Filme ausgewählt, digitalisiert und zu einer 104-minütigen DVD-Dokumentation zusammengeschnitten.
1929: Rhein zugefroren
Es war die Premiere einer nostalgischen Zeitreise, die das Publikum immer wieder zum Schmunzeln brachte. Sie begann im Jahr 1918, als der Biebricher Filmemacher Edy Dengel zum Beispiel mit seinem „Schloß des Schreckens“ Furore machte. Das Treiben auf dem 1929 zugefrorenen Rhein gehört zu den stärksten Szenen des Films. Die Kapitel über den Wiesbadener Karneval nach dem Krieg, die Gibber Kerb 1969, eine Historische Feuerwehrübung in Biebrich im Jahr 1981 oder die LaLü-Fastnacht 1982 zeigen nicht weniger merkwürdige Szenen, die sich mit Worten kaum beschreiben lassen. Kurios auch die Inthronisation eines katholischen Bischofs 1934 in der Bonifatiuskirche, die von Antonius Hilfrich, der vom Papst zum Koadjutor des Limburger Bischofs berufen wurde, aber vorläufig den Titel des Bischofs von Sebastopol trug.
Fast 30 Zeitzeugen kommentieren die Beiträge, unter ihnen der Cineast Uwe Schriefer, Stadtrat und Historiker Wolfgang Herber oder die Radfahrerlegende Franz Reitz, der dreimal an der Tour de France teilnahm und 1980 die Halbetappe von Frankfurt nach Wiesbaden organisierte.
Die Sektkellerei Henkell und die Firma Kalle stellten ihre Werksarchive zur Verfügung. Auf die Frage: Wo arbeitest Du, hieß es jahrzehntelang „Ei, uff‘m Kalle“, gibt der Biebricher Heinz J. Kessler zum Besten. Der Schiersteiner Hafen der 50er Jahre, das Reit- und Fahrturnier (Pfingstturnier) jener Zeit werden lebendig, die Flugshows der Amerikaner in Erbenheim. Und richtig nostalgisch wird es, als die Aartalbahn 1983 zu ihrer letzten Fahrt Richtung Bad Schwalbach antritt. Eine Fahrt, von der viele hoffen, dass es sie eines Tages doch wieder geben wird.
Unterm Strich: eine wunderbare Zeitreise durch acht Wiesbadener Jahrzehnte und für alle Generationen ein großer Spaß.
Von Manfred Gerber, Wiesbadener Kurier
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